Bestimmt jetzt der Lieferant, was Sie kaufen dürfen?

Das öffentliche Vergaberecht soll eigentlich einen wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Mitteln sicherstellen. So war der Plan. Immer öfter werden aber Vergabeverfahren durch Rügen und Nachprüfungsanträge über Monate verzögert. Dies kostet die Kliniken viel Geld.

Stellen Sie sich vor, Sie möchten sich ein Paar schicke braune Lederschuhe kaufen, dürfen es aber nicht, weil ein Händler, der nur schwarze Stoffschuhe hat, Sie deswegen verklagt.

Ja, es ist sehr populistisch und vereinfacht dargestellt, aber dies ist zunehmend ein Problem der öffentlich-rechtlichen Kliniken, die – im Gegensatz zu den privaten und frei-gemeinnützigen Häusern – das öffentliche Vergaberecht zu beachten haben. Dies betrifft alle Bereiche der Versorgung einer Klinik, von Medizintechnik über IT bis zur Wäscheversorung und Verpflegung der Patienten. Ein aktuelles Beispiel liefert gerade der Streit zwischen dem Caterer Apetito und der Stadt Freibung [1]. Neu ist, dass in den Streit die Fachpresse einbezogen wird, die selbstverständlich nicht die Seite des Auftraggebers einnimmt. “Apetito erwägt Klage gegen die Stadt Freiburg” – wurde der Artikel benannt. Interessant wäre zu erfahren, woher eine Zeitung die Information hat, was ein Anbieter so erwägt. Oder handelt es sich etwa um einen Warnschuss?

Es obliegt dem öffentlichen Auftraggeber, den Auftragsgegenstand zu bestimmen. Das Vergaberecht macht ihm grundsätzlich keine Vorgaben hinsichtlich des Beschaffungsgegenstands. Die Festlegung des Beschaffungsgegenstands hat aber auf sach- und auftragsbezogenen Gründen zu beruhen. Nach welchen sachbezogenen Kriterien der öffentliche Auftraggeber die Beschaffungsentscheidung auszurichten hat, ist ihm nicht vorzuschreiben. Dem Auftraggeber steht hierbei ein letztlich in der Privatautonomie wurzelndes Bestimmungsrecht zu, dessen Ausübung nur darauf kontrolliert werden kann, ob seine Entscheidung sachlich vertretbar ist. – so zuletzt das OLG Karlsruhe [2]

Selbstverständlich soll es nicht heißen, dass der öffentliche Auftraggeber ohne Grund Anbieter ausschließen soll oder darf. Gleiche Rechte für alle Kliniken, egal wer der Träger ist, wären aber im steigenden Wettbewerb ein gutes Zeichen für einen fairen Wettbewerb.

Bis dahin sollten Anbieter vielleicht die gleichen Marketingbemühungen bei öffentlichen und nicht-öffentlichen Kunden einsetzen, um die eigenen Produkte dort effektiv zu bewerben. Die “Brechstangenmethode” kann dieses nicht ersetzen. Die meisten Einkäufer haben ein hervorragendes Gedächnis und sind bestens vernetzt. Und Druck erzeugt bekanntermaßen Gegendruck. Hoffentlich.

 

Adam Pawelek

projectontime.de

 

Quellen:

[1] https://www.food-service.de/maerkte/news/schulessen-apetito-erwaegt-klage-gegen-die-stadt-freiburg-41281

[2] OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.09.2016 – 15 Verg 7/16, VPR 2017, 28

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