Mangelt es den Einkaufsgemeinschaften an Personal für Digitalisierung?

Die Kliniken stehen vor vielen Aufgaben im Zuge der Digitalisierung. Kann eine Mitgliedschaft in einer Einkaufsgemeinschaft hier hilfreich sein?

“Für viele Unternehmen sind die Folgen der Digitalisierung immer noch nicht greifbar” – schreibt Alexandra Horn, Leiterin des Kompetenzzentrums Mittelstand 4.0 des BVMW. [1] Nun für Kliniken im Grunde auch nicht. Alle reden von der Digitalisierung, aber nur sehr wenige haben schon geeignete Schritte unternommen, um dieses Thema in den Fokus der nächsten Jahre zu setzen. So wäre die Erwartung naheliegend, dass die Mitgliedschaft in einer Einkaufsgemeinschaft hier Entlastung bringen könnte und entsprechendes gemeinsames Vorgehen (auch in Form von Benchmarking) vor allem den kleineren Häusern etwas bringt. Die Einkaufsgemeinschaften entwickeln sich doch zu Dienstleistungsunternehmen mit einem breiten Unterstützungsprogramm oder?

Hier trennt sich zunehmend die Spreu vom Weizen. Während die meisten laufenden Ausschreibungen für die Mitgliedschaft immer noch im “Warenkorb” den Unterscheidungsmerkmal der Einkaufsgemeinschaften sehen (lesen Sie auch: “Der Preis ist heiß…”) gibt es einen anderen wichtigen Indikator für die zukünftige Leistungsfähigkeit der Einkaufsgemeinschaft: Fachpersonal.
Denn ohne erfahrene Mitarbeiter, die die Kliniken bei Fachfragen zu den Produkten, Prozessen etc. schnell und wirksam unterstützen, wird es für die Krankenhäuser sehr schwer.

“Wenn Sie einen Scheißprozess haben und den digitalisieren, dann haben Sie einen scheißdigitalen Prozess. Das Schwierige ist ja nicht die Digitalisierung an sich. Das Schwierige ist die Vereinfachung von Strukturen und Prozessen.” – sagte der CEO der Telefonica Thorsten Dirks in einem Interview in 2016. [2] Genau hier liegt das Problem vieler Kliniken. Die Prozesse müssen untersucht und optimiert werden, nicht nur intern aber auch in der Kommunikation mit der Einkaufsgemeinschaft. Denn wenn bei einem Wechsel der Einkaufsgemeinschaft die neuen Preise immer noch manuell in die Warenwirtschaft der Klinik eingetragen werden müssen, dann kann von digitalen Prozessen keine Rede sein. Aber einfach die neuen Daten automatisiert einzuspielen, wäre zu kurz gedacht. Vielmehr kommt es auf die begleitende Beratungsqualität an. Und diese geht schlecht mit Azubis oder Praktikanten. Stellen Sie sich doch einfach vor, Sie möchten Ihre OP-Sets optimieren (nicht schon wieder! – sagen dann viele) und der Projektleiter der Einkaufsgemeinschaft muss es erstmals üben.

Bei Investitionsprojekten ist die Situation auch nicht anders. Vielmehr handelt es sich meist um einmalige und stark individuelle Beschaffungsprojekte, die nur rudimentär standardisiert und digitalisiert werden können. Gerade an dieser Stelle können sehr erfahrene Mitarbeiter der Einkaufsgesellschaft extrem hilfreich sein, weil sie Erfahrungen aus einer vielzahl von Projekten mitbringen und ggf. bei auftretenden Problemen schneller und effektiver mit der Industrie kommunizieren können.

Daher ist die Abfrage des Fachpersonals und ggf. auch die Fluktuationsquote beim Wechsel der Einkaufsgemeinschaft viel wichtiger als oft angenommen. Denn Probleme wird es immer geben, ob mit oder ohne die digitalen Prozesse. Und diese Probleme können nur von erfahrenen Mitarbeitern einer Einkaufsgesellschaft schnell und effektiv gelöst werden. Wenn man sie erreicht…

 

Adam Pawelek
projectontime.de

 

Quellen:

[1] https://onetoone.de/de/artikel/dem-mittelstand-mangelt-es-fachpersonal-und-digitalem-know-how

[2] https://blog.telefonica.de/2016/10/ceo-thorsten-dirks-im-sz-interview-ich-habe-heute-kein-festes-buero-mehr/

 

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