Alle sprechen vom Krankenhaus 4.0. Die fortschreitende Digitalisierung und massive Veränderungen in den Rahmenbedingungen zwingen Krankenhäuser darüber nachzudenken, wie das Krankenhaus der Zukunft nun eigentlich aussehen soll. Werden Roboter die Pflege übernehmen? Werden Computer die Diagnosen stellen? Gibt es Ärzte nur in der Cloud?
Böse Zungen behaupten, es wäre sehr sinnvoll, mancherorts schon heute mit Krankenhaus 2.0 zu beginnen… Denn wo die berühmte Bedarfsmeldung, oft noch als Durchschreibesatz, der Hausstandard ist, wird die Digitalisierung der Prozeßabläufe besonders spannend sein.
“Einen Vorsprung im Leben hat, wer da anpackt, wo die anderen erst einmal reden”, sagte einmal John F. Kennedy. Dieser Vorsprung in den Kliniken kann aber ein entscheidender Faktor sein, welche Häuser zukünftig überleben. Die Herausforderungen sind groß und die Kosten werden hoch sein. Aber da es keinen anderen Weg gibt, an der Entwicklung vorbei zu kommen, ist es besser, früh genug mit der Umsetzung einzelner Projekte – auf dem Weg zum Krankenhaus 4.0 – zu beginnen.
Einen guten Überblick über die Implementierung von IT-Systemen und -Lösungen bietet das Electronic Medical Record Adoption Model (EMRAM) der HIMSS Analytics Group. Die 7-Stufen-Skala (EMRAM-Scores) zeigt den Grad der Digitalisierung an. Demnach befinden sich rund 37 % der deutschen Krankenhäuser noch in der niedrigsten Stufe 0 und nur ein einziges Haus (Hamburg-Eppendorf) hat die Stufe 7 erreicht.
[1] Da sieht Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, wie Spanien, Italien und Türkei, nicht wirklich gut aus.
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In 74 Prozent der deutschen Krankenhäuser erfolgt die Dokumentation in Teilen noch handschriftlich.
[2] Daher bevor wir uns intensiv mit
Cyber‐Physikalischen‐Systemen (CPS) beschäftigen, sollten wir vielleicht doch einige “kleinere Baustellen” schließen.
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Die Digitalisierung von schlechten Prozessen ist aber auch keine wirkliche Lösung und die starke Verkettung von Prozessabläufen führt zu Kettenreaktionen bei Prozessveränderungen. Was hilft dann beispielsweise die Digitalisierung der internen Logistik, wenn alle auf den Aufzug warten müssen? Wie oft müssen heute noch OP´s im letzten Moment abgesagt werden, weil der Aufklärungsbogen nicht zu finden ist?
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Eine extrem starke Verkettung von medizinischen und nichtmedizinischen Prozessen und deren Patientenorientierung wird zukünftig notwendig sein. Was passiert, wenn der Patient das Krankenhaus betritt und was soll geschehen während seiner gesamten Aufenthaltsdauer und auch nachdem er die Klinik verläßt? Die Verbindung der Daten aus dem Krankenhaus-Informationssystem (KIS) und den medizinischen Systemen mit der Logistik und dem Gebäudemanagement wird in einigen Jahren “normal” sein. Dafür müssen die einzelnen Systeme miteinander sprechen lernen. Eine riesige Herausforderung!
Einige fortschrittliche Kliniken haben eine Roadmap für die nächsten Jahre aufgestellt, was und in welcher Reihenfolge auf dem Weg zum Krankenhaus 4.0 umgesetzt werden soll. Eine solche Roadmap ist für die Planung der Massnahmen im Change-Management von grundlegender Bedeutung. Denn die Veränderungsprozesse brauchen viel Zeit, wenn sie von den Mitarbeitern mitentwickelt und umgesetzt werden sollen.
Adam Pawelek
projectontime.de
Quellen:
[1] http://e-health-com.de/details-unternehmensnews/olympus-zeitspar-studie-87-prozent-der-klinikaerzte-wuenschen-sich-mehr-zeit-fuer-patienten/e3ca8b59b74aebfdaffb61d9e575d990/
[2] http://www.himss.eu/sites/himsseu/files/HE_EMRAM_Score_Distribution_Q4_2016.pdf