Dem Stress auf der Spur

Wie wir Stress erkennen und ihm erfolgreich gegensteuern

Stress – dieser Begriff ist in den letzten Jahren sehr populär geworden. Wie haben ständig Stress: in der Arbeit oder Schule, im Straßenverkehr, zuhause, an Feiertagen wie Muttertag oder Weihnachten oder in der Beziehung. Auch wenn es manchmal so scheint, als sei Stress ein Phänomen unserer Zeit ist, so waren bereits unsere Vorfahren Stress ausgesetzt. Ein Mammut zu jagen war mindestens genauso stressig, wie ein Shopping-Trip vor Weihnachten!

Früher war es der Säbelzahntiger, der bei Menschen eine Stressreaktion hervorrief. Unsere Vorfahren hatten dann drei Möglichkeiten: Flucht (schnell laufen oder einen hohen Baum suchen), Kampf (sich dem Tier stellen) oder Todstellen (sich ja nicht mehr bewegen oder atmen). Dabei läuft das körperliche Stressgeschehen in uns immer gleich ab – damals wie heute. Wird eine Situation als Belastung oder als Bedrohung angesehen, wird eine sogenannte Kampf- oder Fluchtreaktion ausgelöst und bereitet den Menschen auf eine Aktion vor: Flucht oder Kampf. Eine wesentliche Rolle spielt dabei das Gefühl, inwieweit man die Kontrolle über die Situation hat. Fühlt man sich der Situation gewachsen, kommt diese Energie der Stressreaktion zugute. Hat man jedoch den Eindruck, einer Situation ausgeliefert zu sein und diese nicht beeinflussen zu können, stellen sich oftmals Gefühle der Hilflosigkeit und Unterlegenheit ein. Diese Art von Stress wird dann als belastend empfunden und kann psychisches und körperliches Unwohlsein oder Störungen hervorrufen.

Guter und schlechter Stress Stress entsteht im Gehirn durch ein kompliziertes Zusammenspiel zwischen dem zentralen Nerven-, dem vegetativen Nerven- und dem Hormon-System. Im Gehirn wird innerhalb von Sekundenbruchteilen Noradrenalin freigesetzt und die Nervenstränge des vegetativen Nervensystems entlang der Wirbelsäule aktiviert. Nervenzellen stimulieren das Nebennierenmark und setzen damit Adrenalin frei. Gleichzeitig wird in der Nebennierenrinde das Hormon Kortisol abgesondert. Dieses Hormon macht dann eine breite Stressanpassung möglich. Je nach dem – was für den Körper erforderlich ist – von der vermehrten Blutzuckerausschüttung, bis hin zur Feinabstimmung im Immunsystem.

Es gibt positiven Stress (Eustress) und negativen Stress (Distress). Eustress wirkt auf uns Menschen extrem positiv und kann die Leistungsfähigkeit erhöhen. Das setzt jedoch voraus, dass der Stress als Herausforderung erlebt wird, wie wir es auch beim Sport kennen. Distress verursacht dagegen gesundheitliche Schäden. Die Folgen dieser Belastungen sind psychische und somatische Erkrankungen wie beispielsweise Angstgefühle, Magen-Darm-Probleme, Bluthochdruck, Schlafstörungen, Muskelverspannungen, sexuelle Funktionsstörungen, Schwächung des Immunsystems, chronische Schmerzen oder Depressionen.

Wie für unsere Vorfahren, so ist auch für uns heute das stressfreie Leben eine Illusion. Stress gehört zu unserem Leben. Stress ist überall und unvermeidbar: Permanenter Termindruck, ständige Hektik im Büro, immer größer werdende Informationsflut, vorantreiben der Produktion, Zahlen bringen, bestehen im regionalen oder internationalen Markt, hoher Verkaufsdruck … höher, schneller, weiter.

Das Streben nach maximaler Leistung hat seinen Preis. Und auch im privaten Umfeld lauert Stress: Veränderungen im familiären Umfeld – sei es durch Familienzuwachs, durch Verlust einer nahestehenden Person, durch Pensionierung oder durch Arbeitslosigkeit – können Stress auslösen. Gerade der (mögliche) Verlust des Arbeitsplatzes stellt ein sehr hohes Maß an Belastungen dar, denn Sicherheit hat für die meisten Menschen einen enorm hohen Stellenwert.

Das Stressbefinden ist dabei jedoch ganz individuell: Was für den einen Spaß bedeutet, kann für den Anderen der absolute Stress sein: So löst allein das Wort Freeclimbing (Freiklettern) bei dem einen schon Schweißausbrüche oder Atemnot aus, während für den anderen dieser Sport Spaß pur bedeutet. Eine Führungskraft empfindet die häufigen Flugreisen während der Woche vielleicht belastend, eine Sekretärin möglicherweise die vielen kleinen Notlügen am Telefon. Was Stress für jeden einzelnen bedeutet, muss jeder für sich selbst herausfinden. Daher müssen  psychische Belastungen nicht zwangsläufig zu psychischen und körperlichen Beschwerden führen. Denn das Stresserleben ist ganz individuell. Jeder Mensch hat sein individuelles Erleben und Verarbeiten, und sein ganz spezifisches Pensum, was für Ihn Stress ist und wie viel er an stressigen Reizen ertragen kann, bevor sich dieser negativ auf das Wohlbefinden auswirkt.

Stress ist kontrollierbar Da wir Stress nicht vermeiden können, sollten wir ein Gleichgewicht zwischen dem „guten“ und dem „schlechten“ Stress halten. Es gibt keine allgemeingültige und einfache Lösung zur Stressbewältigung. Daher sollte für eine persönlich wirksame Stressbewältigung zunächst das eigene Verhalten genau analysiert werden.

Folgende Fragen helfen Ihnen, sich mit Ihrer Stressbelastung auseinander zu setzen:

1. Was sind meine Stressoren (also das, was an inneren und äußeren Anforderungen auf Sie einstürmen)? 2. Welches sind meine bisherigen Strategien zur Stressbewältigung? 3. Wie genau reagiere ich auf Stresssituationen?

Haben Sie Ihre Stressoren ausfindig gemacht, geht es darum neue Handlungsmuster aufzubauen. Es gibt zwei Ansatzpunkte zur Stressbewältigung: den problemorientierten und den reaktionsorientierten Ansatz. Die problemorientierte Stressbewältigung ändert entweder die stressauslösenden Faktoren oder den Menschen selbst: seine Werte, Einstellungen, Gedanken, Wünsche, Vorurteile, Ansichten oder Gewohnheiten. Wenn Sie morgens ständig in Eile sind, könnten Sie sich überlegen, einfach etwas früher aufzustehen und so den Tag weniger hektisch anzugehen. Oder eine an Sie gestellte Anforderung muss nicht zwangsläufig ein Problem sein. Betrachten Sie die gestellte Anforderung stattdessen positiv und nehmen die an Sie gestellte Herausforderung einfach als solche an. Grundsätzlich lohnt es sich immer, die eigene Perspektive zu verändern und sich auf eine Art Metaebene zu begeben, die Dinge zum Beispiel von oben zu betrachten. Sich in die Schuhe des anderen zu stellen verändert die eigene Sichtweise, das eigene Empfinden und Befinden. Dadurch kann sich durchaus die psychische Belastung positiv verändern.

Viele Umstände erfordern eine individuelle Reaktion, die je nach Situation oder Konstitution anders ausfallen kann. Bei der reaktionsorientierten Variante geht es daher darum Gefühle wie Angst, Ärger, Schuld, Neid, Kränkung, Nervosität oder Anspannung in den Griff zu bekommen, körperliche Symptome zu mildern, sich zu entspannen und zu erholen. Wenn Sie zum Beispiel bemerken, dass Sie nervös werden, vielleicht feuchte Hände bekommen oder einen trockenen Mund vor Aufregung, dann können Sie ganz bewusst dieses Symptom wahrnehmen, annehmen und dann gezielt die Ein- und Ausatmung beobachten und immer tiefer und tiefer in den Bauch wandern atmen lassen. Eine Wohltat und eine effektive Möglichkeit dem negativen Gefühl gegenzusteuern.

Den eigenen Stress entdecken Viel besser ist es jedoch, den Stress gar nicht erst an sich heranzulassen. Manchmal ist es sogar sinnvoll, professionelle Unterstützung zu holen. Entweder in Form eines Seminars oder durch Coaching. Erste Schritte zur Stressbewältigung können Sie jedoch selbst gehen:

Analysieren Sie die eigene persönliche Situation. Beschreiben Sie eine konkrete Situation. Welche Gedanken, Bewertungen, Gefühle, Körperempfindungen haben Sie? Wie verhalten Sie sich?   Nehmen Sie sich selbst besser wahr und erleben sie den Unterschied zwischen Spannungs- und Entspannungszuständen.  Beobachten Sie sich selbst und überlegen Sie, was Sie an Ihrer Situation, Ihrem Verhalten und an Ihren inneren Prozessen, Ihrer Einstellung, Ihren stressverschärfenden Gedanken verändern können. Halten Sie Ihre Ideen und Überlegungen schriftlich fest.  Lernen Sie verschiedene Methoden zur Stressbewältigung und Entspannung. Dazu zählen beispielsweise Atemtechnik, Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Yoga, Qigong, Trancetechniken oder Sport. Besinnen Sie sich auf die Dinge, die Sie genießen können, die Ihnen Freude machen. Neben Entspannungstechniken helfen Ihnen auch Methoden des Zeit- und Selbstmanagements Ihre persönlichen Belastungen zu verringern.  Wählen Sie dann die Methode aus, die für Sie am geeignetsten erscheint und mit der Sie am besten zurechtkommen und wenden Sie diese dann regelmäßig an.

Ob Sie nun vorbeugend Yoga machen oder Ihre Gefühle trainieren, denken Sie bei allem was Sie tun, daran, dass Verhaltensveränderungen nicht von heute auf morgen und ganz von alleine kommen. Verändern braucht seine Zeit und ständiges Üben. Bringen Sie Ihr Leben in die Balance. Übernehmen Sie die Verantwortung für Ihr eigenes Handeln. Denn niemand kann das sonst für Sie tun!
Gabriele Mühlbauer
http://koehler-training-coaching.de/

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