Gefahr für Fördermittel im Krankenhausbereich: Wenn kleine Vergabefehler teuer werden
In Zeiten wachsender Investitionsbedarfe sind Fördermittel für viele Krankenhäuser ein essenzielles Mittel zur Realisierung wichtiger Projekte. Ob Modernisierung von OP-Sälen, Digitalisierung der Pflegeprozesse oder Neubauprojekte – ohne Fördermittel geht oft nichts. Doch die Bedingungen für den Erhalt dieser Gelder sind streng. Und: Schon kleine Vergabefehler können zu massiven finanziellen Konsequenzen führen.
Rechtslage: Vergaberechtsverstöße führen zur Rückforderung
Aktuelle Urteile belegen: Ein formeller Verstoß gegen Vergaberegeln reicht aus, um Fördermittel ganz oder teilweise zurückverlangen zu können. Das Verwaltungsgericht Halle etwa entschied, dass das Fehlen von Nachweisen zur Tariftreue bei Subunternehmern eine 25%ige Kürzung der Fördermittel rechtfertigt.[1] Die Bestimmungen in der zur Auflage gemachten AN-Best verpflichteten die Empfänger zur Einhaltung des Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge im Land Sachsen-Anhalt (LVG-LSA) und der Bekanntmachung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A). Die Kürzung wurde damit begründet, dass die gemäß LVG-LSA notwendigen und auch vom Auftraggeber geforderten Tariftreue- und ILO-Kernarbeitsnorm-Erklärungen für die Nachunternehmer fehlten.
Noch deutlicher positionierte sich das Verwaltungsgericht Gießen [2]: Bereits objektive Vergabeverstöße – also Verstöße unabhängig von Schuld oder Absicht – reichen für die Sanktionierung. Es geht also nicht mehr nur um „grobe“ Fehler oder Manipulation, sondern um die strikte Einhaltung der Vorschriften.
Das VG Gießen erklärte, dass eine Teilrückforderung der Fördermittel notwendig war, weil die Regelung der Nr. 3.1 der ANBest-I (als eine Auflage i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 4 des Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetzes (HVwVfG)) vom Auftraggeber mißachtet wurde. Der Auftraggeber hat den Auftrag freihändig vergeben. Zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe wusste der Auftraggeber aber nicht, dass er die Regelungen der ANBest-I zu beachten hat, weil der den Förderbescheid noch nicht bekommen hatte. Obwohl die Auflage gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 HVwVfG erst nach der Bekanntgabe des Bescheids wirksam wird und nicht vorher, argumentiert das Gericht, dass eine rückwirkende Anwendung einer Auflage im Zuwendungsbescheid zur Einhaltung des Vergaberechts aber dann angenommen werden kann, wenn die Auflage ihrem Inhalt nach rückwirkend in Kraft treten soll. Bei einer Gesamtbetrachtung des Inhalts des Bescheides vom 19.12.2018 war davon auszugehen, dass die Auflage inhaltlich rückwirkend ab dem 01.01.2018 wirksam sein sollte (vgl. hierzu VG Cottbus, Urteil v. 21.12.2021 – 3 K 2560/17).
Kliniken besonders betroffen
Für Krankenhäuser bedeutet das: Die ohnehin komplexe Gemengelage aus Haushaltsrecht, Förderrecht und Vergaberecht wird zur potenziellen Stolperfalle. Wer sich hier nicht sicher bewegt, riskiert die wirtschaftliche Grundlage von Projekten – und muss im schlimmsten Fall Zuschüsse zurückzahlen, die bereits in die Umsetzung eingeflossen sind.
Besonders kritisch: Viele Krankenhausprojekte binden nicht nur erhebliche Investitionssummen, sondern sind auch zeitkritisch. Ein Baustopp oder eine Korrektur aufgrund vergaberechtlicher Beanstandungen kann die gesamte Planung aus dem Takt bringen.
Haftung von Geschäftsführern und Vorständen
Neben finanziellen Rückforderungen kann ein Vergabeverstoß auch haftungsrechtliche Folgen für die handelnden Personen haben. Geschäftsführer kommunaler Krankenhäuser, Vorstände öffentlicher Träger oder andere verantwortliche Personen unterliegen der Organhaftung. Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz haften sie persönlich für verursachte Schäden – unter Umständen mit ihrem Privatvermögen.
Rechtsgrundlagen dafür sind insbesondere § 43 GmbHG (Pflichten und Haftung der Geschäftsführer) oder § 266 StGB (Untreue – auch durch pflichtwidrige Verwendung von Fördermitteln).
Kommt es aufgrund eines vermeidbaren Vergabefehlers zu einer Rückforderung von Fördermitteln, kann dies den Tatbestand der Pflichtverletzung begründen. Insbesondere wenn der Fehler auf eine fehlende oder fehlerhafte Kontrolle, mangelhafte Dokumentation oder unterlassene Hinzuziehung von Fachleuten zurückzuführen ist, drohen persönliche Konsequenzen. Auch Compliance-Vorgaben greifen hier zunehmend schärfer.
Was sind typische Fehler?
- Fehlende oder fehlerhafte Eigenerklärungen von Nachunternehmern (z. B. Tariftreue)
- Unvollständige oder diskriminierende Zuschlagskriterien
- Unzureichende Dokumentation der Entscheidungen
- Fehlerhafte Bekanntmachungen oder Fristsetzungen
All diese Punkte können im Rahmen einer Prüfung durch die Fördermittelgeber zu empfindlichen Korrekturen führen. Und es braucht nicht einmal eine Rüge durch einen unterlegenen Bieter: Auch im Nachgang, z. B. bei stichprobenartigen Kontrollen, können Mängel festgestellt werden.
Warum Expertise entscheidend ist
Die Einhaltung vergaberechtlicher Vorgaben ist kein Thema, das man „nebenbei“ erledigt. Es erfordert tiefes Verständnis nicht nur des Rechts, sondern auch der Realität im Krankenhausalltag. Wer etwa nicht weiß, welche Prozesse intern relevant sind oder welche Nachweise in der Praxis schwer beizubringen sind, riskiert operative Brücken, die nicht tragfähig sind.
Darum gilt: Wer mit Fördermitteln plant, sollte von Anfang an vergaberechtliche Spezialisten einbeziehen. Und nicht nur Juristen, sondern Berater mit Branchen-Know-how. Denn: Nur wer weiß, wie Krankenhausprojekte „ticken“, kann realistische, rechtssichere und umsetzbare Ausschreibungen gestalten.
Fazit: Keine Toleranz für Formfehler
Die Rechtsprechung zeigt klar: Fördermittelgeber und Gerichte haben keine Toleranz für vergaberechtliche Unschärfen. Wer hier nachlässig ist oder auf ungenaue Standardprozesse vertraut, riskiert nicht nur Zuschusskürzungen, sondern auch Reputationsschäden.
Krankenhausverantwortliche sind daher gut beraten, in diesem Punkt auf Sorgfalt, professionelle Unterstützung und vorausschauende Planung zu setzen.
Adam Pawelek
projectontime.de
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[1] VG Halle, Beschluss vom 13.10.2023 – 3 A 256/21
[2] VG Gießen (Urteil vom 11.12.2023 – 4 K 1641/22)