Neues Problem für Einkaufsgemeinschaften: EuGH regelt Rahmenvereinbarungen

Die Einkaufsgemeinschaften schliessen bekannterweise Rahmenverträge mit der Industrie ab, die als Basis für die Beschaffugen der Kliniken gelten. Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 19.12.2018 – C-216/17 – “Antitrust und Coopservice” – werden wichtige Einschränkungen für Einkaufsgemeinschaften festgelegt.

Eigentlich war die Welt für die Einkaufsgemeinschaften in Ordnung. Es wurden von ihnen Rahmenverträge für die Lieferung von diversen Medikalprodukten etc. zwar EU-weit ausgeschrieben, die Festlegung von verbindlichen Mengen und der spätere Beitritt von Kliniken zu laufenden Verträgen aber oft “locker” gesehen. Durch die aktuelle Entscheidung werden die Karten neu gemischt.

Zunächst hatte das EuGH zu prüfen, ob in den Rahmenverträgen die Höchstmenge der Lieferungen oder Dienstleistungen klar bestimmt werden muss. Dies wurde vom EuGH klar bejaht, so dass der öffentliche Auftraggeber, der einen Rahmenvereinbarung abschliesen will, die maximale Menge der Leistungen der Folgeaufträge aus dieser Rahmenvereinbarung klar zu definieren hat. Folglich soll eine Rahmenvereinbarung Ihre Wirkung verlieren, wenn die vorgesehene (Maximal-)Menge erreicht ist.

Dies stellt die Einkaufsgemeinschaften vor eine sehr schwierige Aufgabe. Üblicherweise werden die beteiligten Kliniken in den Ausschreibungen benannt und die Mengen grob berechnet. Es werden für die gleichen Produkte, z.B. Einmalhandschuhe, sogar mehrere Rahmenverträge für die gleiche Laufzeit (oft mit 3 Lieferanten) abgeschlossen. Jetzt müßten die Einkaufsgesellschaften die Mengen jeweils pro Vertrag festlegen, so dass die späteren Abrufmengen pro Lieferant klar definiert wären. Dies würde die nachträglichen “Entscheidungsmöglichkeiten” zwischen den 3 Lieferanten für die Kliniken wesentlich einschränken. Die Bennenung einer maximalen Gesamtabrufmenge (ohne Aufteilung auf die jeweiligen Verträge) könnte dem vom EuGH geforderten Transparenzgebot und dem Gebot der Publizität widersprechen. Denn das EuGH hat mit der Entscheidung offensichtlich die bisher fehlende Transparenz regeln wollen. Damit wäre praktisch ausgeschlossen, dass sich alle Kliniken für den gleichen Lieferanten entscheiden könnten und die anderen “Gewinner” leer ausgehen.

Die zweite Entscheidung des EuGH ist ebenfalls richtungsweisend.

Gemäß Art. 33 Abs. 2 Unterabs. 2 der RL 2014/24 dürfen nach EuGH nur solche öffentlichen Auftraggeber einer Rahmenvereinbarung beitreten, die zu diesem Zweck im Aufruf zum Wettbewerb (Art. 26 Abs. 5 Unterabs. 1 der RL 2014/24) oder in der Aufforderung zur Interessensbekundung (Art. 48 Abs. 2 i.V.m. Art. 54 der RL 2014/24) eindeutig benannt wurden.

Dies würde für die Einkaufsgemeinschaften bedeuten, dass der oft praktizierte nachträgliche Zugang von neuen Kliniken zu bereits laufenden Rahmenvereinbarungen klar nicht zulässig wäre. Unklar ist daher, wie wollen die Einkaufsgemeinschaften neuen Kunden/Mitgliedern die vergaberechtlich korrekte Beschaffung von diversen Produkten bis zur neuen Ausschreibung der Rahmenvereinbarung gewährleisten.

Die Entscheidung des EuGH hat sich zwar auf die “alte” Richtlinie (RL 2004/18/EG) bezogen, wird aber nach Meinung vieler kommentierenden Rechtsanwälte auch für die Zukunft maßgebend sein.

Spannend ist die Entscheidung des EuGH auch für die Kliniken selbst, denn sie sind für sich selbst verantwortlich, wenn es um die Einhaltung des Vergaberechtes geht. Daher sollten die Krankenhäuser bereits im eigenen Interesse die Vorgehensweise der “eigenen” Einkaufsgesellschaft im Auge behalten und optimalerweise schriftliche Nachweise fordern.

Für die Anbieter wird es zukünftig wesentlich leichter sein, die in den Ausschreibungen genannten Mengen in Frage zu stellen, bzw. die Vergabeverfahren wg. mangelhafter Transparenz anzugreifen.

Adam Pawelek
projectontime.de

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Quellen:

www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jpr-NLVG000001219&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

www.vergabeblog.de/2019-01-28/eugh-schraenkt-flexibilitaet-von-rahmenvereinbarungen-ein-eugh-urt-v-19-12-2018-c-216-17-antitrust-und-coopservice/

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