khzg-Ausschreibung

Unterliegen die KHZG-Projekte dem Vergaberecht?

Die Möglichkeit, wichtige Digitalisierungsprojekte über die Fördermittel aus dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHZG) zu finanzieren, ist eine große Chance für viele deutsche Kliniken. Fraglich ist, ob dabei das öffentliche Vergaberecht beachtet werden muss und die Projekte damit ausgeschrieben werden müssen.

Dass der Bezug von Fördermittel die Einhaltung des Vergaberechtes mit sich bringt, ist nicht neu und schon aus den früheren Konjunkturpaketen bekannt.

Die Herausforderungen des öffentlichen Vergaberechtes treffen auch diesmal völlig zu, und zwar nicht nur die kommunalen Krankenhäuser, sondern auch die frei-gemeinnützigen (z.B. kirchlichen) und die privaten Kliniken.

Den ersten Hinweis auf die Notwendigkeit der Einhaltung des Vergaberechtes findet man in den FAQ´s des BMG, bei denen es heißt: “Gelten Ausnahmeregeln für das Vergaberecht? Nein. Die Vorgaben des nationalen und europäischen Vergaberechts sind durchgehend zu berücksichtigen.”

Die Zuwendungsempfänger werden auch grundsätzlich durch Auflagen in den Förderbescheiden verpflichtet, das Vergaberecht anzuwenden. Die Nichtbeachtung führt regelmäßig, oftmals auch Jahre später, zu Rückforderungen der Fördermittel. Verstöße gegen vergaberechtliche Vorschriften werden regelmäßig als schwere Verstöße gegen die Förderbedingungen eingestuft und führen meistens zum Widerruf der Zuwendung [1].

Bei verbeamteten Krankenhausgeschäftsführern kann die Nichteinhaltung von Vergaberecht sogar zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und ggf. zur strafrechtlichen Verfolgung wegen Untreue führen [2].

In der Praxis bedeutet die Verpflichtung zur Einhaltung des öffentlichen Vergaberechtes, dass die Aufträge nicht frei vergeben werden dürfen, sondern ein geeignetes und zulässiges Vergabeverfahren durchgeführt werden muss.

Bei Beschaffungen unter aktuell 214.000,- € ohne Mehrwertsteuer ist die Einhaltung des Unterschwellenvergaberechtes (i.d.R. der Unterschwellenvergabeordnung- UVgO) notwendig.

Bei Beschaffungen und Dienstleistungen mit einem Wert über dem Schwellenwert von aktuell 214.000,- € ohne Mwst. muss das EU-Vergaberecht, d.h. die Regelungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Vergabeverordnung (VgV), beachtet werden.

Die VgV sieht für die Vergabeverfahren das sog. “Offene Verfahren” oder wahlweise das “Nicht-Offene Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb” vor. In beiden Verfahren sind Verhandlungen mit den Anbietern unzulässig!

Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn eine der nachfolgenden Bedingungen zutrifft [3]:

  • die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden können,
  • der Auftrag konzeptionelle oder innovative Lösungen umfasst,
  • der Auftrag aufgrund konkreter Umstände, die mit der Art, der Komplexität oder dem rechtlichen oder finanziellen Rahmen oder den damit einhergehenden Risiken zusammenhängen, nicht ohne vorherige Verhandlungen vergeben werden kann,
  • die Leistung, insbesondere ihre technischen Anforderungen, vom öffentlichen Auftraggeber nicht mit ausreichender Genauigkeit unter Verweis auf eine Norm, eine Europäische Technische Bewertung (ETA),eine gemeinsame technische Spezifikation oder technische Referenzen im Sinne der Anlage 1 Nummer 2 bis 5 beschrieben werden kann.

Die Erfüllung der Bedingungen muss zwingend sehr gut begründet und dokumentiert werden, da bereits das Fehlen dieser Dokumentation einen schweren Verstoß gegen das Vergaberecht manifestiert und zur Rückförderung der Fördermitteln führt.[4]

Eine besonders wichtige Rolle spielt daher bei Projekten, die aus dem KHZG-Fördertopf finanziert werden sollen, die professionelle Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens. Bei komplexen Projekten, insbesondere im IT-Bereich, sind oftmals die Ausnahmetatbestände für Verhandlungsverfahren vorhanden, aber nur dann anwendbar, wenn eine entsprechende, meist umfangreiche schriftliche Begründung, zwingend bereits vor der Ausschreibung, erstellt wurde.

Für frei-gemeinnützige und private Krankenhäuser bildet das Vergaberecht eine besonders hohe Hürde. Hier ist die Beratung und Begleitung durch erfahrene Projektsteuerer mit fundierten Kenntnissen des Vergaberechtes sehr wichtig.

Adam Pawelek                                                   
projectontime.de

Weitere Informationen:


[1] Vgl. zum Beispiel VG Göttingen, Urteil vom 27.11.2019 – 1 A 71/16, OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.08.2019 – 15 A 2792/18

[2] so VG Regensburg, Urteil vom 19.10.2020 – 10A DK 19.32.

[3] Vgl. § 14 VgV. Hier nur die Bedingungen aufgeführt, die bei Projekten nach KHZG zutreffen könnten.

[4] so VG Schleswig, Urteil vom 6. April 2017 – Az. 12 A 136/16 und https://www.vergabeblog.de/2019-03-28/die-dokumentation-von-vergabeverfahren/

Veröffentlicht in Beschaffung, Digitalisierung / Hospital 4.0, KHZG, Vergabe und verschlagwortet mit , , , , .