Werden Sie auch von Ihrem Chef ignoriert?

Sie benötigen dringend eine Entscheidung Ihres Chefs und er reagiert nicht. Kommt Ihnen das bekannt vor? Art Markman, ein amerikanischer Professor für Psychologie und Marketing aus Austin sieht darin einen Vorteil für Sie…

In Zeiten der “stetigen Beschleunigung” werden pro Tag hunderte von E-Mails beantwortet und viele Telefonate geführt. An einigen Stellen benötigt man einfach die Entscheidung der Chefin bzw. des Chefs. Leider sind diese aber auch sehr eingespannt, so dass man oft auf die Entscheidung lange warten muss.

Nun behauptet Art Markman, ein amerikanischer Professor für Psychologie und Marketing aus Austin, dass das Warten auf die Reaktion des Chefs die Führungskompetenz des Mitarbeiters verbessert, da er dazu animiert wird, selbst nach Lösungen zu suchen [1].

Ist dies tatsächlich so?

In vielen Kliniken sind die einfachsten Standardprozesse nicht klar definiert. Dies führt automatisch zu vielen Nachfragen bei den Vorgesetzten und damit auch zur Überlastung der Chefs. Wo jedoch keine Regeln existieren, was der einzelnen Mitarbeiter selbst entscheiden darf und was nicht, wird die verzögerte Reaktion nur in seltensten Fällen dazu führen, dass der Mitarbeiter selbst das Problem löst. Denn auch wenn er auch eine Lösung hätte, weist er ja nicht, ob er überhaupt entscheiden darf. Also läßt er das Problem so lange liegen, bis die Entscheidung vom Chef getroffen wurde. Oder er versucht das Problem an eine andere Abteilung abzuschieben.

Die Idee von Art Markman, in den verzögerten Reaktionen des Chefs eine geplante Strategie zu sehen, den Mitarbeiter zu motivieren, ist in der Praxis sehr bedenklich. Denn gerade die fehlende Reaktion kann beim Mitarbeiter als Desinteresse des Chefs verstanden werden. Und wenn der Chef es selbst liegen läßt, ist das Problem wohl nicht so groß… (meist wird dann Wochen später das eskalierte Problem “zur Chefsache erklärt”).

Vielmehr liegt die Lösung in der klaren Definition, was der Mitarbeiter selbst entscheiden darf und was nicht. Im Rahmen des sog. “Managements by Exception” [2] werden die Befugnisse und Ziele der Mitarbeiter klar definiert. Der Chef greift nur “in Ausnahmefällen” ein, d.h. bei Fällen, die außerhalb des definierten Rahmens liegen. Damit wird der Chef entlastet und der Mitarbeiter motiviert, mehr Verantwortung zu übernehmen. Mit regelmäßigen Controlling wird der “Rahmen” auf die Praktikabilität geprüft und kann dann in Abstimmung zwischen dem Vorgesetzten und dem Mitarbeiter neu definiert werden.

Diese Methode wird z.B. bei der Bearbeitung von Reklamationen bei vielen großen Unternehmen sein Jahren erfolgreich umgesetzt. In den Kliniken bietet es sich in allen “Verwaltungsbereichen” an. So ist es beispielsweise nicht wirklich notwendig, dass der kaufmännische Leiter alle Bestellungen für Medizintechnik freigeben muss. Denn er kann es meist gar nicht beurteilen, ob ein neues Lichtleiterkabel tatsächlich defekt ist und weiter benötigt wird. Das kann aber der Medizintechniker.

Wird das “Management by Exception” erfolgreich umgesetzt, so können und sollten die Rückfragen des Mitarbeiters zu den Fällen, die innerhalb der Befugnis des Mitarbeiters liegen, tatsächlich ignoriert werden. Aber die Rückfragen zu den Fällen, die einer Entscheidung des Chefs tatsächlich bedürfen, sollten schnellstens beantwortet werden.

 

Adam Pawelek
projectontime.de

 

[1] https://www.fastcompany.com/40522442/this-is-how-to-turn-procrastination-into-a-management-technique
[2] http://www.bwl-wissen.net/definition/management-by-exception

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