Neue Regelungen im Vergaberecht

Im Vergaberecht gibt es einige neue Regelungen, die bei Ausschreibungen zwingend beachtet werden müssen. Die Einführung der “eForms” führt zu neuen Herausforderungen für die Auftraggeber. Ab dem 01. Januar 2024 gelten auch neue Schwellenwerte.

Der neue offene Standard der EU für die Veröffentlichungen von Ausschreibungen führt zu gravierenden Veränderungen für die Auftrageber.

eForms ab 25. Oktober 2023

Ab dem 25. Oktober 2023 ist die Nutzung von eForms bei EU-weiten Vergaben verpflichtend. eForms sind der neue offene Standard der EU für Daten, die zur Veröffentlichung von Bekanntmachungen über Beschaffungen öffentlicher Auftraggeber auf Tenders Electronic Daily (TED) verwendet werden müssen. Dies bedeutet einen Paradigmenwechsel von einer formularbasierten Darstellung hin zu einer rein technischen Beschreibung der zu übermittelnden Informationen. Die Einführung von eForms, beschrieben als „das Herzstück der digitalen Transformation der öffentlichen Auftragsvergabe in der EU“, zielt darauf ab, die Qualität und Analyse von Daten zu verbessern und ist von entscheidender Bedeutung für das bessere Funktionieren der öffentlichen Beschaffungssysteme​​.

Die Rechtsgrundlage für eForms ist die Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780, die die alte Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 ersetzt. In Deutschland wurden die Vergaberechtsregelungen entsprechend angepasst​​. Im Rahmen der nationalen Regelungen werden in Deutschland bestimmte Datenfelder trotz ihrer freiwilligen Natur auf EU-Ebene in Deutschland verpflichtend umgesetzt. Im Rahmen der Entbürokratisierung des Vergaberechtes hat die aktuelle Version 1.1.0 des Standards den Umfang von 709 Seiten (früher 350 Seiten) vor.

Es ist wichtig zu beachten, dass ab dem Stichtag 25. Oktober 2023 keine direkten Bekanntmachungen mehr in TED vorgenommen werden können, sondern diese über den neuen Standard erfolgen müssen. Bekanntmachungen müssen jetzt zentral über den neuen, deutschen “Datenservice Öffentlicher Einkauf” und von dort über einen eSender-Hub als nationalen eSender an das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union übermittelt und im Bekanntmachungsservice (BKMS) zur Verfügung gestellt werden.

Da in Deutschland eine Übergangsregelung nicht vorgesehen war, hatten die Anbieter die Umstellung auf die neue Systematik zum Stichtag 25.10.2023 in deren Lösungen umzusetzen. So meldete bspw. der Anbieter Cosinex, dass in deren Software nun 743 sog. Business Terms umgesetzt wurden, die verschiedene Datenfelder enthalten können, 88 Codelisten zur konkreteren Datenerfassung implementiert wurden und die Plausibilitätsprüfung 41.017 mögliche Fehlermeldungen beinhaltet! Aktuell sind einige Synchronisationsprobleme zwischen den neuen Systemen bekannt, die zu Störungen bei laufenden Vergabeverfahren bei diversen Anbietern von Vergabemanagementsystemen führen. Darüber hinaus haben die Vergabestellen mit unklaren oder unlogischen Dateneingaben in die vorgeschriebenen “Formulare” zu kämpfen. So ist bspw. bereits beim Anlegen eines neuen Vergabeverfahrens die Angabe der sog. “Leitweg-ID” des Auftraggebers zwingend anzugeben. Die Leitweg-ID ermöglicht eine elektronische Adressierung und Weiterleitung der E-Rechnung durch die Zentralen Rechnungseingangsplattformen des Bundes an die angeschlossenen ERP- bzw. Freigabesysteme der Behörden und Einrichtungen der Bundesverwaltung. Die meisten Krankenhäuser als Auftraggeber haben aber noch keine Leitweg-ID!

Neue Schwellenwerte ab Januar 2024

Zusätzlich zu den Änderungen durch eForms gibt es ab dem 1. Januar 2024 neue Schwellenwerte für die Pflicht zur europaweiten Vergabe von Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen:

    • Bauaufträge: 5.538.000 EUR
    • Liefer- und Dienstleistungsaufträge: 221.000 EUR
    • Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsverträgen des Bundes: 143.000 EUR​
Allein die Umstellung auf eForms stellt erfahrene Vergabestellen vor einige Herausforderungen. Insbesondere ist der Aufwand der Erstellung einer Ausschreibung signifikant gestiegen und ist komplexer geworden. Auftraggeber, die nur bei geförderten Maßnahmen öffentlich ausschreiben müssen, können noch seltener als bisher, ohne externe Hilfe, selbständig Ausschreibungen vorbereiten und durchführen. Damit stellt sich oftmals die Frage, wer der Empfänger der Fördergelder tatsächlich sein soll.
Adam Pawelek
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