Die Zukunft des Traditionsunternehmens Völker wird nun neu geschrieben. Hill-Rom verkauft das Unternehmen an die Investmentfirma Cobecapital. [1] Welche Auswirkungen hat dies auf die Beschaffungen von Klinikbetten?
Der Erfolg von Völker hatte seinen guten Grund: Familientradition. Die 1912 gegründete Möbelmanufaktur, die sich auf die Ausstattung von Sozialeinrichtungen spezialisierte, wuchs über die Jahre zu einem der wichtigsten Anbieter von Krankenhausbetten auf.[2] Vielmehr hat der Enkel des Gründers, durch seine visionäre Art der Unternehmensführung, nicht nur einen “Ferrari unter den Betten” geschaffen sondern auch eine “Familie Völker” unter den Mitarbeitern des Unternehmens.
Für den Klinikeinkäufer war klar: Wenn man auf sehr modernes Design und hohe Qualität setzt und man sich das leisten kann, kauft man Völker. Punkt. So wuchs das Unternehmen stetig und erreichte in 2010 einen Umsatz von rund 75 Mio Euro. [3]
Ende 2012 änderte sich die Situation gravierend, weil aufgrund der mangelnden Unternehmensnachfolge, der damals 70-jährige Inhaber Heinrich Völker gezwungen war, das Unternehmen zu verkaufen. Das Angebot von Hill-Rom schien allen Beteiligten das richtige zu sein: Sicherung der Arbeitsplätze und der Marke Völker wurden vereinbart. Kritiker, die auf die Geschichte der Übernahme des Unternehmens Arnold durch Hill-Rom und den nachfolgenden Untergang der Marke Arnold hingewiesen haben, wurden überstimmt.
Leider wurde die Rechnung ohne die erfahrenen Einkäufer in den Kliniken gemacht.
Der Einkauf von langfristigen Investitionsgütern unterscheidet sich dahingehend vom Einkauf von Kartoffeln, dass Kartoffeln keine 10 bis 20 Jahre halten müssen und keine Ersatzteile brauchen. Eigentlich für alle klar. Das heißt aber, der Bettenhersteller verkauft nicht nur Produkte sondern auch Vertrauen in die langfristige Geschäftsbeziehung mit. Ist dieses Vertrauen geschädigt, so ist der Wert der schönsten Produkte zweitrangig.
Nun ging es tatsächlich bergab: Umstrukturierung, Schliessung des hypermodernen Antriebswerkes in Hainichen, Personalabbau, Senkung der produzierten Bettenmenge usw. [4] Langjährige, erfahrene Mitarbeiter verließen das Unternehmen. Die Kunden reagierten mit noch mehr Zurückhaltung.
Jetzt kam, was kommen musste: Völker wird von Hill-Rom abgestoßen und von einer Investmentfirma übernommen. [5]
Nun ist in der Zeit unter der Hill-Rom-Leitung das Personal von 425 im Jahr 2012 auf aktuell nur noch 190 reduziert worden und der Umsatz sank auf rund 40 Millionen €, also sind jeweils rund halbiert worden. Das moderne, von Porsche Consulting mitentwickelte Antriebswerk in Hainichen gibt es nicht mehr. Die Beratungsssparte auch nicht. Viele Fachleute sind gegangen oder gegangen worden, ein Team von Hartgesottenen hält die Stellung. Soviel zur erfolgreichen Übernahme von damals.
In Investoren-Sprache heißt es jetzt: “Optimierung des Portfolios”. Ach so!
Wie reagieren jetzt die Kunden? Alle Kunden, die auf die Völker-Produktlinie gesetzt haben, müssen wohl “in den sauren Apfel beißen”. Neue Kunden werden vermutlich abwarten, bis klar ist, welche Pläne der neue Investor hat. Hoffentlich kommt er nicht auf die Idee, wie damals Hill-Rom, in einem Rundschreiben die Kunden zu informieren, dass es sich für sie nichts ändern wird. Kunden für dumm zu verkaufen ist meist nicht so erfolgsversprechend.
Nach dem Spiel “rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln” ist die Verunsicherung der Kunden noch größer geworden. Nur eine nachvollziebare und langfristig angelegte Vision und Strategie kann das verlorerene Vertrauen wieder aufbauen. Und das braucht leider viel Zeit…
Adam Pawelek
projectontime.de
Quellen:
[1] http://ir.hill-rom.com/releasedetail.cfm?ReleaseID=1031424
[2] http://www.voelker.de/cms/media/pdfs/bro-voelker-informationen-de.pdf
[3] https://www.waz.de/staedte/witten/hill-rom-kauft-voelker-id6177627.html
[4] https://www.waz.de/staedte/witten/beim-unternehmen-voelker-in-witten-schrillen-die-alarmglocken-id10371501.html
[5] https://www.waz.de/staedte/witten/investmentfirma-uebernimmt-voelker-id211066389.html