Bei der Wahl einer neuen Einkaufsgemeinschaft sollten die Preise nicht die wichtigste Rolle spielen? Sollten nicht, sie tun es aber!
In Diskussionen sind sich viele Einkäufer in den Kliniken einig: Bei der Wahl einer Einkaufsgemeinschaft kommt es mehr auf die “inneren Werte” der Einkaufsgesellschaft als auf die einzelnen Einkaufskonditionen an. Die Geschäftsführer sehen es oft aber anders. Auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten regiert der Glaube, man kann im Einkauf noch viel mehr sparen. Auch wenn dies in Einzelfällen tatsächlich möglich ist, können keine großen Einsparungen ohne entsprechende Verbindlichkeit und Prozessänderungen auf der Kundenseite erwartet werden.
So werden in den Ausschreibungen für die Mitgliedschaft in einer Einkaufsgemeinschaft gerne die Preise eines Warenkorbes im Wertungskriterium “Preis” untergebracht. Es wird dabei vergessen, dass die Einkaufsgemeinschaft kein Händler ist, sondern vielmehr ein “Einkaufsdienstleister”, der lediglich eine Beratung bei der Beschaffung von medizinischem und pflegerischem Sachbedarf etc. anbietet [1]. Wenn also die Einkaufsgemeinschaft eine Beratung anbietet, dann ist der Preis dieser Beratung darauf beschränkt, was die Klinik an die Einkaufsgemeinschaft für die Dienstleistung der Beratung zu bezahlen hat. Wie diese Bezahlung dann tatsächlich stattfindet, ist eine andere Frage. Die Preise aus dem Warenkorb haben dort einfach nichts zu suchen.
Wenn die Einbeziehnung des Warenkorbwertes im Kriterium “Preis” sachlich falsch und damit auch möglicherweise vergaberechtswidrig ist, stellt sich die Frage, wofür sind die Preise im Warenkorb überhaupt gut?
Bei Krankenhäusern, die nicht dem öffentlichen Vergaberecht unterstellt sind, könnte die Klinik auf diese, bereits verhandelten Preise, nach dem Beitritt “aufsatteln”. Dies würde aber voraussetzen, dass die Klinik genau die Anforderungen erfüllt, um genau diesen einzelnen Preis zu bekommen (z.B. Menge, verbindliche Zusage über eine Laufzeit etc.). Wie wahrscheinlich ist das? Hier sollte also darauf geachtet werden, dass die im Warenkorb angegebenen Preise später tatsächlich auf zum Tragen kommen. Selbstverständlich ist dies nicht.
Die vergaberechtlich gebundenen Krankenhäuser dürfen gar nicht auf die bisherigen Preise zurückgreifen, da sie in der (damaligen) öffentlichen Ausschreibung des Rahmenvertrages für die betroffene Warengruppe nicht als begünstigt aufgeführt waren. [2] Folglich muss die Einkaufsgemeinschaft für den neuen Kunden eine neue Ausschreibung durchführungen, die zu völlig anderen Konditionen führen kann.
Wird bei der Preisangabe die Substitution der angegebenen Artikeln zugelassen, müßte der Einkauf der Klinik später prüfen, ob die angegebenen Artikeln tatsächlich vergleichbar sind. Bei einem Warenkorb mit 300 oder mehr Positionen eine nette Aufgabe für Zwischendurch. Bestimmte Artikel ohne Substitutionsmöglichkeit einfach zu fordern ist wiederum vergaberechtlich bedenklich.
Je nach mehr oder weniger abenteuerlicher Festlegung des Warenkorbes kann am Ende der günstige Preis z.B. für Toilettenpapier über den Zuschlag entscheiden…
Krankenhaus 4.0 kann ruhig kommen. Einfach abwarten auf 5.0 reicht doch auch, oder?
Adam Pawelek
projectontime.de
[1] Vgl. VK Bund, VK 1-22/16
[2] Vgl. § 21 Abs. 2 VGV.