KHZG: Dürfen Hersteller/Marken vorgegeben werden?

Bei der Erstellung von Leistungsbeschreibungen für Ausschreibungen besteht oft der Wunsch, die Lieferung von Produkten einer bestimmten Marke bzw. eines bestimmten Herstellers zu fordern. Dies ist auch bei KHZG-Vergaben durchaus nicht unproblematisch.

Die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung sind in den jeweiligen “Vergabegesetzen”, d.h. im § 31 VgV (für EU-Verfahren) und § 23 UVgO (für nationale Verfahren) beschrieben.

In beiden wird vorgegeben, dass die Leistungsbeschreibung frei von Markennamen etc. zu erstellen ist, es sei denn “ein sachlicher Grund die Produktvorgabe […] rechtfertigt”.

Die Frage, was ein “sachlicher Grund für die Produktvorgabe” sein könnte, beschäftigt seit Jahren viele Vergabekammern und Oberlandesgerichte.

So hat sich auch kürzlich das OLG  Brandenburg mit der Frage beschäftigt, ob ein Landkreis bei der Ausschreibung der Schulcomputer die Apple-Geräte vorgeben darf (Beschl. v. 08.07.2021 – 19 Verg 2/21). Den Kern bildete die Frage, ob es für den Landkreis zumutbar wäre, zwei Systemlandschaften parallel zu pflegen, um damit den geforderten Wettbewerb zu sichern.

Denn tatsächlich hinderte die Vorgabe der Produkte des Herstellers Apple den Anbieter eines anderen Betriebssystems seine Geräte anzubieten.

Erfreulicherweise bestätigte das OLG die vorherige Entscheidung der Vergabekammer, dass die Einschränkung auf Apple-Geräte durch den Landkreis zulässig war. Der Landkreis hat sich nämlich bereits während der Vorbereitung der Ausschreibung mit der Problematik ausführlich beschäftigt und die Ergebnissse vor Veröffentlichung der Ausschreibung in der Vergabeakte dokumentiert.

Anders ist es einem Auftraggeber in Bayern ergangen, der zwar die Marke nicht namentlich genannt hat, die technischen Anforderungen aber so spezifiziert hat, dass praktisch nur ein Bieter ein Angebot abgeben konnte (OLG München, Beschluss vom 26.03.2020 – Verg 22/19).

Da das OLG München in der Vergabeakte keine belastbare Begründung für eine “verdeckte Produktvorgabe” finden konnte, musste die Ausschreibung aufgehoben werden.

In einem weiteren, etwas älteren Verfahren, stellte sich die Frage, ob es zulässig wäre, einen exklusiven Merkmal eines Produktes (dort: Abmessungen) einfach durch die Angabe “ca.” zu “entspannen”, so dass dann mehr als nur ein Bieter ein Angebot abgeben könnte (VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.04.2017 – 3 VK LSA 05/17).
Das OLG stellte fest, dass die Festlegung von Circa-Angaben nicht ausreichend ist, um einen Spielraum für andere Bieter zu eröffnen. Dies galt um so mehr, da die Angaben millimetergenau angegeben waren und nicht definiert war, welcher Abweichungsspielraum genau durch die Angabe “ca.” existiert.

Aus den drei Beispielen ist klar ersichtlich, wie genau die Vorbereitung einer Ausschreibung erfolgen sollte, wenn die dort aufgeführten Anforderungen zu einer – auch nur minimalen – Einschränkung des Wettbewerbs führt. Die Überlegungen nutzen im Notfall nichts, wenn sie nicht schriftlich – vor der Veröffentlichung der Ausschreibung – in der Vergabeakte aufgeführt sind. Die Vorgabe einer Marke bzw. eines Herstellers führt immer zu einer Einschränkung des Wettbewerbs. Ist diese Einschränkung objektiv nicht zwingend notwendig, fehlt es automatisch an Wirtschaftlichkeit in einem solchen Verfahren. Denn durch die Einschränkung des Wettbewerbs wurden möglicherweise Anbieter daran gehindert, ein (noch) besseres Angebot abzugeben. Daher werden Vergabeverfahren mit Vorgabe eines Herstellers bzw. einer Marke in der Leistungsbeschreibung bei Inanspruchnahme von Fördergeldern meist besonders genau geprüft.

Adam Pawelek
projectontime.de

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Zum Autor: Adam Pawelek ist Geschäftsführender Gesellschafter der POT Project on time GmbH & Co. KG und verfügt über 25 Jahre Erfahrung im Gesundheitswesen. Er berät und begleitet seit 15 Jahren Kliniken bei diversen Fragestellungen der öffentlichen und nicht-öffentlichen Vergabeverfahren.

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